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Hunderte erweisen Aktivistin Berta Cáceres in La Esperanza die letzte Ehre (C) Giorgio Trucchi, 2016
Hunderte erweisen Aktivistin Berta Cáceres in La Esperanza die letzte Ehre (C) Giorgio Trucchi, 2016

 

The Berta Cáceres case is a call for justice for indigenous peoples, for human rights and for the care of the natural environment.

 

More information on the solidarity project "Honduras Journalist Delegation" :  please see below.

 

 

„Wo der Tod Teil der Landschaft ist" („La Voz Lenca No Se Calla“)

by Nina Kreuzinger & Andrea Lammers

HD 16:9 / color, OV Spanish with German subtitles / 37 min; HN, AT / 2013

Dokumentarfilm. Zwei Monate mit Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta Cáceres und ihrer Organisation COPINH.

 

Politischer Mord: Die COPINH-Gründerin und Umweltaktivistin Berta Cáceres wurde in der Nacht auf den 3. März 2016 mit vier Schüssen in ihrem Haus aus dem Leben gerissen. Einen Tag vor ihrem 44. Geburtstag. Ihr Begleiter Gustavo Castro, ein Kollege von der Organisation Otros Mundos aus Chiapas Mexiko, wurde verwundet. Berta Cáceres, Koordinatorin der indigenen Menschenrechtsorganisation COPINH und vierfache Mutter setzte sich vehement gegen Landraub, Flussprivatisierungen und für die Rechte der indigenen Bevölkerung und der Frauen ein. Immer wieder war Cáceres Todesdrohungen ausgesetzt, besonders wegen ihres Einsatzes gegen das Staudammprojekt Agua Zarca am heiligen Lenca-Fluss Gualcarque. Für diesen Einsatz wurde sie 2015 mit dem Goldman-Umweltpreis  ausgezeichnet:

 

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2. März 2023: Sieben Jahre sind seit dem Mord an der Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres vergangen. 

 

Nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen wurde im Juni 2022 auch Roberto David Castillo, ehemals Präsident von DESA und Offizier des Militärgeheimdienstes, wegen seiner Rolle im Zuge des Mordkomplotts zu 22 Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Mutmaßliche noch mächtigere Hintermänner seien allerdings weiterhin gedeckt und ungestraft.


Recherchen führen auch bis in die Niederlande. Die Anwälte der Familie von Berta Cáceres interessieren sich hierbei besonders für die Tätigkeiten der niederländischen Entwicklungsbank FMO.

 

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4. Dezember 2019, Honduras: 50 Jahre Haft für die Auftragskiller, die der Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres im März 2016 das Leben nahmen.

 

Nach mehr als dreieinhalb Jahren gibt es ein Gerichtsurteil im Fall Cáceres: Vier Angeklagte müssen für 50 Jahre ins Gefängnis. Der Urteilsspruch: 34 Jahre für den Mord an Cáceres und 16 Jahre für den versuchten Mord an ihrem Begleiter, dem mexikanischen Aktivisten Gustavo Castro, der den Anschlag überlebte.

 

Drei weitere "Mittäter", aktive bzw. ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens DESA sowie ein Major der honduranischen Armee, wurden zu 30 Jahren Haft verurteilt. 

 

Als Auftraggeber bzw. Drahtzieher vermutet hinter dem Mordkomplott werden DESA-Topmanager, Aufsichtsräte und Aktionäre aus der machthabenden Atala-Familie – in Kooperation mit staatlichen Akteuren. Zwei Ermittler der honduranischen Polizei befinden sich in Haft. Ihnen wird vorgeworfen, die Spurensicherung manipuliert zu haben.

 

Cáceres’ Organisation COPINH bezeichnete die Urteilssprüche des Gerichts "als ersten Riss in einer Mauer totaler Straflosigkeit, mit der eine kriminelle Struktur aufrechterhalten wird, die für den Mord verantwortlich ist". Die vollständige Aufklärung des Verbrechens und die Verurteilung aller Beteiligten wird weiter gefordert. Beweise würden ausreichend vorliegen, die Staatsanwaltschaft müsse nun endlich handeln.

 

https://www.amerika21.de/2019/12/235069/honduras-caceres-urteile-strafmass-morder

(Bericht von Andrea Lammers)

 

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-12/honduras-berta-caceres-umweltaktivistin-mord-haftstrafe?cid=50693796

 

https://www.theguardian.com/world/2019/dec/02/berta-caceres-murder-sentencing

 

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12. September 2019, Honduras: Am 25. September wird der Prozess gegen David Castillo, beschuldigt als Auftraggeber hinsichtlich des Mordes an Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres, wieder aufgenommen.

 

Berta Zúñiga, die Tochter der Ermordeten, vertraut der Justiz allerdings nicht: "Sie ver-suchen, die Verantwortlichen zu decken." Honduranische Geschäftsleute, Militär und Politiker seien in dem Mordkomplott verstrickt. 

 

Berta Cáceres war Koordinatorin der Menschenrechts- und Umweltorganisation COPINH und kämpfte gegen den Bau des Wasserkraftwerkes Agua Zarca durch DESA, einer Firma der mächtigen Atala-Familie. Das Projekt bedroht den Fluss Gualcarque – eine wesentliche Ressourcenquelle für das Überleben der indigenen Gemeinschaften. Cáceres erhielt für ihren Einsatz 2015 den renommierten Goldman-Umweltpreis. Bereits damals hatte die Aktivistin Morddrohungen seitens David Castillo, Exekutivpräsident von DESA, gemeldet. Am 2. März 2016 wurde sie schließlich in ihrem Haus erschossen. 

 

Der Prozess gegen David Castillo war im September letzten Jahres ausgesetzt worden, nachdem Cáceres' Familie Unregelmäßigkeiten im Prozess festgestellt hatte. Die honduranische Staatsanwaltschaft erklärt in ihrer Anklage, dass Castillo den Sicherheitschef von DESA, den pensionierten Militäroffizier Douglas Bustillo, angestiftet habe, den Mord zu organisieren. Bustillo wiederum soll den alten Armeefreund Major Mariano Diaz Chavez – Ausbildner bei der Militärpolizei und Mitglied der Spezialeinheiten – beauftragt haben, Auftragskiller zu engagieren. Diese erhielten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bis zu 2.200 Dollar für die Ausführung der Tat. 

 

Bertha Zúñigas Vermutung, dass die Führungskräfte von DESA dem Mord an ihrer Mutter zugestimmt haben, um ihren Widerstand gegen das Projekt zu "neutralisieren", wird bekräftigt: In einem im November 2017 von der internationalen Expertengruppe GAIPE veröffentlichten Bericht wurde aufgezeigt, dass die vorliegenden Beweise für die Beteiligung zahlreicher Staatsarbeiter (Polizei, Militär und Beamter) sowie von DESA-Direktoren und Mitarbeitern an der Planung, Durchführung und Vertuschung des Attentats schlüssig sind. Vorgeworfen wird auch eine "Verschwörung" zur Behinderung der Justiz. Zúñiga: "Die für die Untersuchung verantwortlichen Beamten haben sich nicht an die Gesetze gehalten, entsprechend alle Personen zu verfolgen, zu verurteilen und zu bestrafen, die für den Mord an Berta Cáceres und den versuchten Mord an Gustavo Castro verantwortlich sind."

 

Der mexikanische Menschenrechtsverteidiger Castro, ein Freund von Cáceres, ist Zeuge des Verbrechens an der international bekannten Umweltaktivistin. In einem Interview mit EL PAÍS im Jahr 2016 sagte Castro, dass die Mörder durch die Küche von Berta Cáceres' Haus gekommen seien. "Sie haben nicht erwartet, dass ich im Haus bin. Sie dachten, Berta würde allein sein, weil ihre Tochter in der Nacht zuvor nach Mexico City geflogen war. Es war alles geplant", so Castro.

 

Die Verantwortlichen seitens DESA distanzieren sich von den Vorwürfen.

 

Tochter Bertha Zúñiga versichert ihre Teilnahme am Prozess gegen Castillo, obwohl sie an der honduranischen Justiz zweifelt: "Es gibt wohl keinen politischen Willen des honduranischen Staates, diesen symbolischen Fall zu klären – trotz der internationalen Aufmerksamkeit."

 

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30. November 2018, Honduras: Die Mord-Auftraggeber im Fall Berta Cáceres bleiben unangetastet. In Österreich werden weiterhin die wirtschaftlichen Beziehungen mit Honduras forciert.

 

Sieben Männer wurden gestern vom Strafsenat wegen des Mordes an der Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Berta Cáceres verurteilt. Cáceres war wegen ihres Einsatzes gegen das von der Firma DESA geplante Staudammprojekt "Agua Zarca" am heiligen Lenca-Fluss Gualcarque im März 2016 erschossen worden (Vorgeschichte und Hintergründe: siehe bitte weiter unten).

 

Das Strafausmaß für die Verurteilten wird am 10. Januar 2019 verkündet. Für die Familie von Cáceres ist damit allerdings keine Gerechtigkeit erzielt: „Das Urteil richtet sich gegen die Auftragsmörder und Mittelsmänner, die direkt mit dem Unternehmen DESA verbunden sind. Es bedeutet aber nicht, dass nun Gerechtigkeit eingekehrt ist. Denn die Strukturen und Personen im Hintergrund, die diese Kriminellen bezahlt haben, um Berta Cáceres zu ermorden, befinden sich weiter in Freiheit und haben so die Möglichkeit, weiter straflos Verbrechen zu begehen,“ sagt Bertha Zúniga Cáceres, Tochter von Berta und Nachfolgerin als Koordinatorin des "Zivilen Rates für indigene und Basisorganisationen in Honduras“ (COPINH).

 

COPINH-Anwalt Victor Fernández betont die Bedeutung der Urteilsbegründung: Das Gericht habe somit klar zum Ausdruck gebracht, dass erwiesen sei, dass die Leitung des Unternehmens DESA den Mord in Auftrag gegeben und bezahlt habe, um den Widerstand gegen das Wasserkraftwerk „Agua Zarca“ zu brechen. Der Staatsanwaltschaft sei dies bereits seit Mai 2016 bekannt. Sie müsse nun endlich handeln.

 

Zwischenzeitlich plante der illegal wiedergewählte honduranische Staatspräsident Juan Orlando Hernández einen Besuch in Wien – anlässlich der Eröffnung des honduranischen Botschaftsbüros im vierten Bezirk. Im Zuge dessen sollte auch ein Treffen mit dem amtierenden Bundeskanzler Sebastian Kurz stattfinden – zur Pflege der Wirtschaftsbeziehungen mit österreichischen Unternehmen. Denn insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien wird Investitionspotenzial in Zentralamerika verortet. Dabei hat der Energiesektor seit langem den Ruf einer Branche, in der es immer wieder zu massiven Menschenrechtsverletzungen und Umwelteingriffen kommt.

 

Die Wien-Reise wurde allerdings kurzfristig vertagt: Der Bruder des honduranischen Staatspräsidenten war zu diesem Zeitpunkt wegen Kokainhandels in den USA inhaftiert worden. Weiters brachte die jüngste Flüchtlingswelle nach Mexiko aufgrund der in Honduras herrschenden Repression den Staatspräsidenten wieder verstärkt unter Druck. 

 

Intensive Honduras-Connections pflegt(e) übrigens auch Barbara Kolm, FPÖ-Vizepräsidentin der Nationalbank. Kolm war bis vor kurzem Vorsitzende des Board of Trustees des stark umstrittenen Projektes ZEDE (Zonen für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung). Auf der FPÖ-Seite heißt es (v)erklärend: "(...) eine NGO mit dem Ziel der Etablierung von Wirtschaftszonen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Honduras" (Quelle: fpoe.at). Landenteignungen, die Ausbeutung von Mensch und Natur sind nur ein Teilbereich der Schattenseiten, die in diesem Zusammenhang verschwiegen werden. Kritiker bezeichnen diese künstlich aufgezogenen Modellstädte als "Spielwiesen neoliberaler Utopien". 

 

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18. September 2018, Honduras: Prozess im Mordfall Cáceres auf unbestimmte Zeit verschoben.

 

Das Oberste Gericht von Honduras hat den Beginn des lang erwarteten Prozesses im Mordfall Berta Cáceres am Montag auf unbestimmte Zeit ausgesetzt, nachdem den Richtern offiziell Autoritätsmissbrauch und Vertuschung vorgeworfen worden war.

 

Die Rechtsvertreter von Cáceres' Familie forderten, die drei Richter aufgrund von Befangenheit zu ersetzen und beantragten, den Fall an ein anderes Gericht zu bringen. Anwalt Victor Fernandez: "Wir werden keine institutionellen Misshandlungen tolerieren oder verschweigen, egal wie routinemäßig und normalisiert diese Missbräuche im Strafjustizsystem in Honduras sind." Denn denn das würde Straffreiheit garantieren für jene kriminellen Strukturen, die im Hintergrund für den Mord verantwortlich seien.

 

"Wir wollen Gerechtigkeit, ein faires Verfahren, das den Opfern und Angeklagten einen gerechten Prozess vorsieht", sagte Bertita Zuniga Cáceres, Tochter der Ermordeten und aktuelle COPINH-Koordinatorin.

 

Die Regierung wird vom beobachtenden Ausland kritisiert. Die Ermordung von Cáceres löste international die Forderung nach Gerechtigkeit aus – in einem Land, in dem Straflosigkeit herrscht.

 

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17. September 2018, Honduras: Prozessbeginn im Mordfall Berta Cáceres.

 

Heute beginnt die mündliche Hauptverhandlung gegen jene acht Personen, die den Mord an Berta Cáceres am 2. März 2016 verübt haben sollen (siehe auch weiter unten). Die mit dem Goldman-Umweltpreis ausgezeichnete Aktivistin hatte gegen den illegal initiierten Bau des Staudammprojektes Agua Zarca am Lenca-Fluss Gualcarque durch die Betreiberfirma DESA gekämpft.

 

Nun steht die "Rechtsstaatlichkeit" des beginnenden Prozess infrage: Innerhalb der vergangenen zwei Jahren wurde nur ein geringer Teil der gesicherten Beweismittel (konfiszierte Laptops, Mobiltelefone usw.) ausgewertet. Die Anwälte der Nebenklage berichten, dass ihnen die Einsicht in relevante Prozessakte mehr als 30 Mal untersagt worden ist. Cáceres' Organisation COPINH durfte keine Nebenklage einbringen. Das Argument: der Organisation sei durch den Mord schließlich kein wirtschaftlicher Nachteil entstanden. Weiterhin wird nicht gegen die "Masterminds" dahinter, die Auftraggeber, ermittelt.

 

Dabei war die unabhängige internationale Expertengruppe GAIPE bereits vor Monaten nach Auswertung eines Teils der Beweise zu dem Ergebnis gekommen, dass der Mord ein Komplott von Angestellten und Besitzern der Firma DESA sowie Militärs und Auftragsmördern war. Haupteigentümer der DESA sind Angehörige der mächtigen honduranischen Unternehmerfamilie Atala.

 

Es wird befürchtet, dass die honduranische Justiz den Prozess möglichst rasch über die Bühne bringen will – ohne Interesse, die Strukturen hinter dem Mord umfassend zu ermitteln. DESA-Geschäftsführer David Castillo, der am 2. März 2018 verhaftet wurde, muss sich in einem gesonderten Verfahren vor Gericht verantworten. Mit dem Beginn der Hauptverhandlung gegen ihn wird für 2020 gerechnet. 

 

Aktuelle Informationen finden Sie auf: www.hondurasdelegation.blogspot.com

Bericht der GAIPE-Mission: http://gaipe.net/wp-content/uploads/2017/10/GAIPE-Report-English.pdf
Informationen zum Prozess (span): http://berta.copinh.org/

 

The Guardian-Artikel vor Prozess-Beginn:

https://www.theguardian.com/world/2018/sep/17/berta-caceres-murder-trial-monitored-international-lawyers

 

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November 2017, Honduras: Polizeiliche Ermittler im Mordfall Berta Cáceres festgenommen. 

 

Der Mord an Aktivistin Cáceres ist nach wie vor nicht geklärt. Ermittler sollen Beweismittel manipuliert haben. Beschuldigte sollen Tonband der Mordplanung nach Cáceres Tod gefälscht haben. Aktueller Bericht auf amerika21.de

 

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Mai 2016, Honduras/München/Wien. Trotz Festnahmen scheint der Fall im Sand zu verlaufen. Eine internationale, unabhängige Untersuchungskommission wird gefordert.

 

Wochenlang war nichts über die Ermittlungen im Fall Berta Cáceres zu hören. Die international bekannte Umweltaktivistin war Anfang März in ihrem Haus erschossen worden. Die Vermutungen, dass es sich um einen politischen Mord handelt, bestätigen sich nun. Anfang dieser Woche wurden vier Verdächtige festgenommen. Zwei der Männer stehen in Zusammenhang mit DESA, also jener Betreiberfirma des Staudammprojektes, gegen das sich Cáceres mit ihrer Menschenrechtsorganisation COPINH in den vergangenen Jahren vehement eingesetzt hat. „Der internationale Druck auf die honduranische Regierung ist immer stärker geworden“, analysiert José Asunción Martínez beim Gespräch in München. Der COPINH-Delegierte ist jene Aufklärungsreise durch Europa angetreten, die Cáceres kurz vor ihrem Tod geplant hatte. „Für die Öffentlichkeit werden sie jetzt rasch die materiellen Täter verurteilen, um die Masterminds dahinter zu schützen“.

 

Berta Cáceres kämpfte seit mehr als 20 Jahren um die Rechte der indigenen Bevölkerung und den Schutz der Naturgüter in Honduras. Seit 2012 setzte sie sich insbesondere gegen den Bau des Staudammprojektes Agua Zarca in der Region Río Blanco ein. Die Gründe dafür: Nach dem Putsch 2009 wurde eine Konzession für den betreffenden Abschnitt des Flusses Gualcarque mithilfe gefälschter Unterlagen illegal an die Betreiberfirma DESA vergeben. Dabei ist das Gebiet unantastbares Land der indigenen Lenca, der Fluss für die Bevölkerung heilig. Die laut ILO-Konvention 169 vorgeschriebenen Konsultationen der Gemeinden wurde nicht druchgeführt, Protokolle und Unterschriften nachweislich gefälscht.

 

In der Öffentlichkeit wurde das Projekt so verkauft, dass es Land und Bevölkerung Ressourcen-schonende Energie bringen würde. Nachdem klar war, dass das ursprüngliche Staudammprojekt nicht durchsetzbar war und die nötigen Umweltstudien nur auf dem Papier erstellt worden waren, verlegte man die Bauarbeiten Mitte 2015 auf die andere Flusseite und will nun das Wasser in unteriridischen Tunneln in ein Laufwasserkaftwerk ausleiten. Für die örtlichen Lencagemeinden verhindert auch dies das freie Fließen des Gualcarque. Sie fürchten zudem den Verlust der Lebensgrundlage. Denn die Vegetation würde vertrocknen, mit ihr die ursprüngliche Fauna und die Maisfelder. Seit über dreieinhalb Jahren informieren COPINH und internationale NGOs die transnationalen Investoren und Projektpartner darüber. Dazu zählen die holländische, finnische und zentralamerikanischen Entwicklungsbanken FMO, FinnFund und CABEI. Sowie Turbinenlieferant Voith Hydro, an dem Siemens mit 35 Prozent beteiligt ist.

 

Das chinesische Unternehmen Sinohydro war bereits nach dem Mord an einem Aktivisten im Juli 2013 aus dem Projekt ausgestiegen. Berta Cáceres hatte mit COPINH einen friedlichen Widerstand organisiert. Dafür wurde sie 2015 mit dem renommierten Goldman-Prize ausgezeichnet. Trotz internationaler Aufmerksamkeit verdichteten sich seit dem erneuten Baubeginn im zweiten Halbjahr 2015 die Todesdrohungen gegen die vierfache Mutter. Als sie die Informationsreise durch Europa plante, um die Projektinvestoren zum Rückzug zu bewegen, wurde sie ermordet.

 

Am Montag kam es zur Festnahme von vier Verdächtigen. Laut der honduranischen Tageszeitung „El Heraldo“ ist der mutmaßliche Täter ein 25-jähriger Auftragskiller. Dieser habe die Tat bereits gestanden. Der Auftraggeber sei ein Manager der DESA gewesen. Die operative Vorbereitung des Mordes soll über einen Major der honduranischen Armee gelaufen sein. Der ehemalige Vize-Sicherheitschef der Staudamm-Betreiberfirma DESA soll dann den Auftragsmörder angeheuert haben. Auf den honduranischen Journalisten Felix Molina, der kurz nach den Verhaftungen in einem Dossier auf Facebook die Eigentumsverhältnisse der DESA und die familiären Vernetzungen ihres Geschäftsführers mit führenden Persönlichkeiten der regierenden Nationalen Partei offenlegte, wurde am Dienstag ein Schuss-Attentat verübt. Mit Glück überlebte er.

 

Voith Hydro gab nun Mitte der Woche bekannt, die Lieferungen für das Kraftwerk Agua Zarca einzustellen. Allerdings nur vorübergehend. Für Kritiker ein erneuter Verstoß gegen die UN-Leitpinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die verpflichten, sich nicht an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig zu machen. „Die bisherigen Morde und Attentate müssten Anlass genug sein, dass alle Investoren sofort aus dem Projekt aussteigen“, sagt Asunción Martínez. Der Profit steht weiter vor der Gerechtigkeit, das Recht wird weiter gebeugt. Sogar der Fall Berta Cáceres läuft Gefahr, nach weltweiten Wellen im Sand zu verlaufen. Die sofortige Installation einer unabhängigen internationalen Untersuchungskommission könnte das verhindern.
(Nina Kreuzinger, Andrea Lammers)

 

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Der Mord an Berta Cáceres sorgt weltweit für Schlagzeilen. Ihre Betroffenheit brachten auch Künstler*innen wie Peter Gabriel, Susan Sarandon und Leonardo DiCaprio zum Ausdruck.

 

Es besteht dringlich Handlungsbedarf seitens der internationalen Behörden hinsichtlich

  • Schutzmaßnahmen für den Augenzeugen Gustavo Castro, der nach wie vor von den Behörden in Hondurasfestgehalten und  abgeschottet wird und extrem gefährdet ist,
  • Sicherheitsmaßnahmen für die Familienangehörigen und COPINH-Mitglieder,
  • der unmittelbaren Installation einer internationalen, unabhängigen Untersuchungskommission,
  • der Forcierung des Ausstiegs der beteiligten internationalen Banken und Firmen aus dem Agua Zarca-Projekt. (Stand 10. März 2016)

                                                               ***    

 

ZUM PROJEKT "HONDURAS DELEGATION"

 

Langfristige journalistische Arbeit in Kombination mit Menschenrechtsbeobachtung und Advocacy-Funktionen: Meine Kollegin Andrea Lammers und ich schlossen uns 2012 der „Honduras-JournalistInnendelegation“ an. Diese Form der Zusammenarbeit ehrenamtlicher, unabhängiger Engagierter aus Deutschland und Österreich stellte zu diesem Zeitpunkt ein neuartiges „Hybrid-Projekt“ dar.

Radio La Voz Lenca, © Nina Kreuzinger, 2012.
Radio La Voz Lenca, © Nina Kreuzinger, 2012.

  

Ziel und Aufgabe war es, im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im November 2013 die in Europa kaum vorhandene Berichterstattung über die Situation in Honduras zu erweitern. Denn mit dem linksreformerischen Präsident Mel Zelaya, der 2009 über Nacht aus dem Amt geputscht wurde, gingen auch die Hoffnungen auf Demokratie und Rechtsstaat verlustig.

 

Gleichzeitig hatte sich eine starke Widerstandsbewegung formiert: Im Rahmen unserer zweimonatigen Recherchereise begleiteten Andrea Lammers und ich kritische JournalistInnen wie Dina Meza oder Umweltaktivistin Berta Cáceres und ihre KollegInnen der Menschenrechtsorganisation COPINH.

 

Wir waren multimedial tätig, deckten also die Bereiche Text, Fotografie, Audio und Video ab. Während unseres Aufenthalts in Honduras haben wir bereits zahlreiche Beiträge und Fotos aktuell auf dem Delegationsblog hondurasdelegation.blogspot.co.at veröffentlicht.

 

Schließlich sind nicht nur Reportagen und Berichte für verschiedene, internationale Medien (Print, Online, TV, Radio) entstanden. Wir konnten durch unsere konzentrierte, langfristige Arbeit den sonst üblichen Wirkungskreis erweitern: Zurück in Wien gewannen wir Partner wie FIAN, die Informationsgruppe Lateinamerika  (IGLA) und Reporter ohne Grenzen. So wurde eine Einladung der kritischen Journalistin und Menschenrechtsverteidigerin Dina Meza im April 2013 nach Wien möglich. Meza ist in Honduras schweren Bedrohungen ausgesetzt und wurde deshalb von der Uni York zu einem Exilaufenthalt bis Anfang Mai diesen Jahres eingeladen (siehe Reportage und Interview in Press Freedom Now).

 

Wir organisierten mit FIAN/IGLA und Reporter ohne Grenzen auch einige Advocacy-Termine, bei denen Dina Meza über die Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land berichterstatten konnte (im Außenministerium u.a., siehe unten) und folgende zwei Veranstaltungen:

 

am 17. April 2013 im Afro-Asiatisches Institut, 1090 Wien, Moderation: Erhard Stackl, Der Standard
; eine Zusammenarbeit von FIAN / IGLA / Honduras-JournalistInnen-Delegation

:

 

Honduras – Ein Land im Ausverkauf. Bevor das Palmöl zu uns fließt, fließt in Zentralamerika Blut
.

Palmöl steckt nicht nur in Kosmetika und Nahrungsmitteln, sondern auch im sogenannten „Biodiesel“. Palmöl ist aktuell so begehrt, dass es sich für Großgrundbesitzer und transnationale Unternehmen lohnt, neue Ölpalm-Monokulturen anzulegen und dafür riesige Flächen an sich zu reißen. Den Preis zahlen weltweit Kleinbauern und Kleinbäuerinnen: Schon über 90 Menschen starben im Zuge des Landkonfliktes. Dina Meza setzt sich seit Jahren für die Aufklärung der Geschehnisse und die Rechte der Betroffenen ein – und wird deswegen mit Folter und Tod bedroht.



 

 

- am 22. April 2013: Reporter ohne Grenzen-Pressegespräch im Presseclub Concordia mit Dina Meza
, Rubina Möhring, Präsidentin RoG Österreich; Erhard Stackl, Der Standard; Andrea Lammers, Nina Kreuzinger (Honduras-JournalistInnen-Delegation):

 

„Nur internationale Aufmerksamkeit kann mein Leben schützen“


 Dina Meza wurde aufgrund aktueller Lebensbedrohungen von der Universität York zu einem Exilaufenthalt eingeladen. Meza weist auf die Verantwortung der europäischen Regierungen; sie plädiert dafür, dass jene beim honduranischen Staat Rechenschaftspflicht einfordern sollten, wo die Entwicklungsgelder konkret hinfließen. Im Rahmen des Pressegesprächs in Wien berichtet sie außerdem: Über die Lage der Menschenrechte in ihrem Heimatland, ihre aktuelle Arbeitssituation und die wachsende Bedeutung alternativer Medien in Honduras.



 

Honduran Human Rights Defender and Journalist Dina Meza at Presseclub Concordia © H. Ronzheimer, 2013
Honduran Human Rights Defender and Journalist Dina Meza at Presseclub Concordia © H. Ronzheimer, 2013

 

 Anbei einige Medienberichte, die folglich erschienen sind:

Magazin des Österreichischen Journalisten Clubs
ÖJC, Statement, 2013_09.pdf
Adobe Acrobat Dokument 4.4 MB

 

Die Presse und Der Standard beziehen sich auf eine Sendung des Ö1-Reisemagazins „Ambiente“ zu Honduras, die kurz zuvor – am 21. April vormittags – ausgestrahlt worden war. Andrea Lammers und ich hörten diese und schrieben daraufhin die Ö1-Redaktion an, da in der Sendung nicht auf die aktuellen Schattenseiten und Schwierigkeiten des Landes eingegangen worden war. Zudem hatte ich Ö1-Außenpolitikchef Hartmut Fiedler im Vorfeld des Besuchs von Dina Meza angeschrieben  – und eine Absage erhalten: Das Thema sei interessant, man werde es aber nicht aufgreifen.

 

Auch dies zeigt die Notwendigkeit langfristiger, tiefgründiger Recherchemöglichkeiten für fundierten Journalismus – heute und in Zukunft. Umso wichtiger ist es, dass neue Formen des Zusammenwirkens, die auch die Finanzierung einer wirtschaftlichen Existenzbasis ermöglichen, entwickelt und gefördert werden (etwa: Journalismus / Wissenschaft / Film). Damit engagierte Journalist*innen ihre Aufgabe ohne PR-Zwänge und nicht nur vom Schreibtisch aus erfüllen können.

 

Im Rahmen von Dina Mezas Wien-Besuch wurden auch Advocacy-Empfänge möglich, bei denen sie politischen VertreterInnen über die Situation in Honduras berichten konnte. Auch erhielt sie konkrete Zusagen für mögliche Schutzmaßnahmen bezüglich ihrer eigenen Person. Wir begleiteten sie zu u.a. folgenden Terminen:

  • Im Außenministerium mit Gerhard Doujak, Leiter der Abteilung für Menschenrechte, und Daniela Sabetzer vom Bundeskanzleramt, Medienangelegenheiten.
  • Im Parlament sprachen wir mit zwei Vertreterinnen der Grünen – Alev Korun, Menschenrechtssprecherin, und Lenea Reuvers, Referentin für Außenpolitik, sowie mit der SP-Nationalratsabgeordneten Christine Muttonen.

 

In Gemeinschaftsarbeit brachte die Honduras-Delegation im Juni auch einen Foto-Interview-Band heraus: „Honduras – Stimmen gegen den Ausverkauf des Landes“, finanziert über eine Crowdfunding-Aktion (krautreporter.de).

 

Dina Meza wurde schließlich zur High Level Expert Conference "Vienna+20: Advancing the Protection of Human Rights" am 27. und 28. Juni 2013 in Wien eingeladen, an der sie auch teilnahm. Die Abgeordneten insbesondere der Grünen und SPÖ unterstützten Eilaktionen mit Schreiben an die honduranische Regierung. Zu den Wahlbeobachtungsvorbereitungen im Oktober 2013 fragte Alexander Rieger, österreichischer Botschafter in Mexico, um Kontaktaufnahme mit Dina Meza an.

 

Herzlichen Dank allen Ermöglichenden, Mitarbeitenden  und Unterstützenden.

 

Honduran activist and radio journalist Bertha Zúñiga at the Parliament of Vienna © Nina Kreuzinger, 2015.
Honduran activist and radio journalist Bertha Zúñiga at the Parliament of Vienna © Nina Kreuzinger, 2015.

 

Im Mai/Juni 2015 kam Bertha Zúñiga (oben im Bild) nach Deutschland und Österreich. Die Tochter von Berta Cáceres, COPINH-Frontfrau und Protagonistin unseres Dokufilms "Wo der Tod Teil der Landschaft ist", referierte über die "Green Economy"-Politik in Honduras  – Anlass war unter anderem der G7-Gipfel in Garmisch. Die Radiomacherin, Feministin und Aktivistin engagiert sich für die Rechte indigener Gemeinden und in der politischen Bildungsarbeit von COPINH. Zúñiga  die in Kuba studiert hat, war erst kürzlich Opfer eines Entführungsversuches.

 

In Wien war sie unter anderem zu Gast im Radio ORANGE-Studio im Rahmen der Globale Dialoge - Women on Air:  "Die soziale Basisorganisation COPINH - Ein antikapitalistisches, antirassistisches und antipatriarchalisches Gegenmodell in Honduras" (Sendetermin: Di, 16. Juni 2015, 13.00 bis 14.00 Uhr). Im Südwind Magazin, 10/2015, erschien das Interview "Ständig bedroht und eingeschüchtert" von Manuel Preusser mit Bertha.

 

Ihre Mutter, Berta Cáceres wird 2015 mit dem Goldman Environmetal Prize aus-gezeichnet. In der Nacht auf den 3. März 2016 wird diese ermordet (siehe ganz oben).